Forschung: Saskia Gehrmann

Medizinischer Alltag an den Franckeschen Stiftungen zu Halle im 18. und 19. Jahrhundert

Das seit 2014 im Rahmen des Projektes „Spurenlese – Die kulturellen Wirkungen der Reformation“ verfolgte Dissertationsprojekt befasst sich mit dem medizinischen Alltag an den Franckeschen Stiftungen im 18. und 19. Jahrhundert; jedoch mit dem zeitlichen Schwerpunkt auf der sogenannten Sattelzeit (1750-1850).
Im Fokus stehen sowohl die strukturelle Rekonstruktion des medizinischen Alltags in allen Bereichen der Versorgung als auch deren Beeinflussung vom hallischen Pietismus. Daran anschließend wird nach dem Warum des in der frühen Neuzeit üblichen Auseinanderfallens von normativem Anspruch und gelebter Alltagspraxis gefragt. Gibt es eine „pietistische Medizin“ im medizinischen Alltag? Wird das in den zahlreichen Programmschriften formulierte Ideal einer „pietistischen Medizin“ tatsächlich angestrebt? Oder ist dieses geprägte Ideal lediglich ein strategischer Zug, um das Image der Franckeschen Stiftungen als innovativer Institution auch im Bereich der medizinischen Versorgung zu pflegen? Diese leitenden Fragestellungen werden vor dem Hintergrund aktueller Debatten aus dem Bereich der Pietismusforschung und mithilfe der Reflexion fächerübergreifender Theorien verfolgt.

Curriculum vitae

Akademischer Werdegang
- 2007-2012: Studium der Fächer Geschichtswissenschaft, Philosophie und Bildungswissenschaften (Pädagogik und Psychologie), Lehramt an Gymnasien, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 1. Staatsexamen.
- 2011-2014: Zunächst studentische, dann wissenschaftliche Hilfskrafttätigkeiten am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in diversen Projekten; ab 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Drittmittelprojekt „BMBF Klausurwoche: Ethische, juristische und soziale Aspekte der sexuellen Identität am Beispiel Intersexualität und Transsexualität“ mit der Aufgabe der Organisation der BMBF Klausurwoche und in lehrender Tätigkeit im Bereich „Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin“.
- Seit September 2014: Promotionsstipendiatin an der Graduiertenschule „Kulturelle Wirkungen der Reformation“ im Projekt „Spurenlese“ in Kooperation mit der reformationsgeschichtlichen Sozietät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an der Stiftung Leucorea in Wittenberg zum Thema „Medizinischer Alltag an den Franckeschen Stiftungen zu Halle im 18. und 19. Jahrhundert (Arbeitstitel).

Vortragstätigkeiten (Auswahl)
- „Zu diesem Zweck soll er [der Arzt] die Aussöhnung mit Gott, gleichsam als wahres Fundament der Ruhe, empfehlen“ – Krankheit und Heilung im Kontext pietistischer Bekehrungstheologie an den Franckeschen Stiftungen zu Halle im 18. Jahrhundert, 32. Stuttgarter Fortbildungsseminar: Praktiken von Gesundheit und Krankheit, Stuttgart 03. April 2013.
- Medizinischer Alltag an den Franckeschen Stiftungen in Halle, 1750–1850, Nachwuchstagung der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus, Halle, 14.05.2014.
- Die praxis pietatis im medizinischen Alltag der Franckeschen Stiftungen in Halle, 1750-1850, Jahrestagung des Vereins für Sozialgeschichte der Medizin: Medizin und Religion, Heilkunde und Seelsorge, Hall in Tirol, 12.06.2015.
- Die Praxis Pietatis an den Franckeschen Stiftungen zu Halle, 1750–1850, Südwestdeutsche Konferenz zur Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Heidelberg, 26.11.2016.
- „Pietistische Medizin“ als Produkt der „Marke Waisenhaus“, Kongress: Kulturelle Wirkungen der Reformation, Wittenberg, 08.08.2017.

Publikationen (Auswahl)
- Florian Steger und Maximilian Schochow (unter Mitarbeit von Saskia Gehrmann): Medizin in Halle. Ein medizinhistorischer Stadtführer, Halle 2013.
- Maximilian Schochow, Saskia Gehrmann und Florian Steger: Johann Christian Reil (1759–1813): Zum Verhältnis von Medizin und Naturphilosophie zur Schaffenszeit. In: Florian Steger (Hg.): Johann Christian Reil. Universalmediziner, Stadtphysikus, Wegbereiter von Psychiatrie und Neurologie. Gießen 2014, S. 93–110.
- Maximilian Schochow, Saskia Gehrmann und Florian Steger (Hg.): Inter*- und Trans*Identitäten: Ethische, soziale und juristische Aspekte. Gießen 2016.
- Saskia Gehrmann, Maximilian Schochow und Florian Steger: Der Umgang mit der asiatischen Cholera an den Franckeschen Stiftungen zu Halle im Jahr 1831. In: Jahrbuch für hallische Stadtgeschichte 2016. Halle 2016, S. 135–138.

Mitgliedschaften
- seit 09/2011: Verein für hallische Stadtgeschichte e.V. (Mitglied)
- seit 08/2013: Fachverband Medizingeschichte e.V. (Mitglied, 2015-2017: Kassenprüferin)
- seit 06/2015: Institut für Ethik in der Praxis e.V.

Forschungs- und Arbeitsschwerpunke
- Geschichte der Frühen Neuzeit
- Hallische Stadt- und Medizingeschichte (17.–19. Jahrhundert)
- Sozial und Alltagsgeschichte der Medizin
- Ethik in der Psychiatrie und Psychotherapie
- Das Leib-Seele-Problem in der Medizin
- Medizinische Anthropologie
- Klinische Ethikberatung