Aktuelle Mitteilungen

Projektende

Das Projekt "Das ernestinische Wittenberg – Universität und Stadt (1486-1547)" ist Ende September 2018 ausgelaufen. Es konnten fünf Bände der "Wittenberg-Forschungen" sowie zahlreiche weitere Beiträge vorgelegt werden, die den Ertrag von neun Jahren interdisziplinärer Forschung an der alle Lebensbereiche umfassenden Entwicklung einer Residenz-, Universitäts- und Bürgerstadt des 16. Jh. dokumentieren. Hinweise auf die Forschungsbände finden Sie hier. Band 5 der "Wittenberg-Forschungen" erschien 2020.

 

Neuerscheinung im Juni 2020: Das ernestinische Wittenberg: Residenz und Stadt

 Wittenberg-Forschungen Band 5, im Auftrag der Stiftung LEUCOREA hrsg. von Leonhard Helten, Enno Bünz, Armin Kohnle, Heiner Lück und Ernst-Joachim Waschke unter Mitarbeit von Tilman Pfuch und Marianne Schröter, Petersberg 2020

Im Mittelepunkt des fünften Bandes der Wittenberg-Forschungen steht der Neubau des kurfürstlichen Schlosses unter Friedrich dem Weisen, das den Auftakt der systematischen Umgestaltung Wittenbergs zu einer modernen Residenz- und Universitätsstadt bildete. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts bestimmten Baustellen das Stadtbild. Im Zusammenspiel von Landesherren und Stadtregierung mit Künstlern, Handwerkern und Gelehrten entwickelte sich Wittenberg zu geistig-geistlichen Zentrum Kursachsens, das weit über die ernestinische Herrschaftsperiode hinaus kulturell ausstrahlte. In 18 kunsthistorischen, archäologischen, baugeschichtlichen, historischen und theologischen Aufsätzen werden Residenz und Stadt hinsichtlich materieller Befunde, Bau-, Ausstattungs- und Nutzungsgeschichte und einzelner Aspekte wie liturgischen Traditionen und Memoria untersucht. Ausführliche Listen geben Auskunft über die an den Residenzbauten und an städtischen Bauprojekten beteiligten Handwerker, deren Herkunft, Gewerk, Tätigkeit und Immobilienbesitz.

Hinweise auf die Forschungsbände finden Sie hier.

 https://www.imhof-verlag.de/das-ernestinische-wittenberg-residenz-und-stadt.html

 

 

 

Öffentliche Vortragsreihe im Jahr 2018

16.01.2018         »De corrigendis adolescentiae studiis/Über die Neugestaltung des Studiums Jugend« – 500 Jahre Antrittsvorlesung Melanchthons an der Leucorea

                              Dr. Marianne Schröter

 

27.03.2018       Jenseits der Meisterleistungen – Das Wirken des Humanisten Balthasar Fabritius  Phacchus im Alltag der Leucorea

                           Dr. Martin Treu

 

24.04.2018        Körper und Seele – Anatomie und Physiologie in der Sicht Melanchthons

                             Dr. Marianne Schröter

 

29.05.2018        Mehr als bloße Zustimmung – Der Theologieprofessor Friedrich Balduin im Gespräch mit seinen Kollegen

                            Dipl. Theol. Tilman Pfuch

 

 26.06.2018        »Konsuln und Rhetoren in die Schule, um der Welt zu helfen?« – Melanchthon als Didaktiker                     

                               Thomas Lang M.A.

 

11.09.2018        Lüneburger Studenten im Wittenberg des 16. Jahrhunderts

                            Dr. Jan-Christian Cordes

 

16.10.2018        »Matzepahn mit großen feinen bildern und Vergöllt« – Die Feierlichkeiten zur  Amtseinführung des Superintendenten Abraham Calov am 14. Februar 1654     

                            Dr. Insa Christiane Hennen

 

 06.11.2018        Die akademische Grablege in der Schlosskirche

                             Dr. Anke Neugebauer

 

11.12.2018        Der Wittenberger Hebraist Matthäus Aurogallus (um 1490–1543)

                           Prof. Dr. Ernst-Joachim Waschke

 

Alle Vorträge finden im Auditorium maximum der Stiftung LEUCOREA (Collegienstraße 62) statt. Es wird herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei.

 

 

 

LEUCOREA-Sommerschule 2018

Auch 2018 konnte wieder - vom 18.-20.06. - eine Sommerschule an der Stiftung LEUCOREA durchgeführt werden. Die Mitarbeiter des Forschungsprojekts stellten dazu auf methodisch vielfältige Weise den Schülerinnen und Schülern Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens dar und gaben Einblicke in Forschungsergebnisse des Projekts. Neben der Durchführung eines "Botenlaufs" zum ehem. Hofgestüt Blesern bildete auch die von Schülergruppen selbstständig erarbeitete Darstellung von Orten der Reformation in Wittenberg einen weiteren Teil des Programms.

 

 

Pressemitteilung 

Buchvorstellung: Das ernestinische Wittenberg: Die Leucorea und ihre Räume

Zur Vorstellung des 4. Bandes der Wittenberg-Forschungen lädt die Stiftung LEUCOREA am 17. Oktober 2017, 19.30 Uhr ins Audimax des Fridericianums ein.

Der Band „Das ernestinische Wittenberg: Die Leucorea und ihre Räume“ erscheint in Kürze im Michael Imhof Verlag. Er beinhaltet neueste Ergebnisse des Forschungsprojektes „Ernestinisches Wittenberg“ zur Leucorea und den Räumlichkeiten, die die 1502 gegründete Hochschule in der Stadt nutzte. Dazu gehörten das Fridericianum, das Augusteum, das Schloss und die Schlosskirche, die Stadtpfarrkirche, aber auch Privathäuser. In insgesamt 15 Beiträgen werden die Gebäude, in denen Lehrveranstaltungen, akademische Akte und Feiern stattfanden, ebenso beleuchtet wie jene, in denen Universitätsangehörige wohnten, gesund gepflegt oder bestattet wurden. „Die Universität nimmt die ganze Stadt in Beschlag“, konstatierte ein Reisender, der 1521 Wittenberg besuchte.

Im Rahmen der Veranstaltung, die der Journalist und Autor Günter Kowa moderiert, kommen verschiedene Autoren des Bandes zu Wort, Historiker, Kunsthistoriker und Bauforscher, so dass die unterschiedlichen Perspektiven auf die Räume der Leucorea deutlich werden dürften. Die Multidisziplinarität der Forschungsgruppe spiegelt sich auch im Erscheinungsbild der Reihe, für das der Buchgestalter Helmut Völter verantwortlich ist, der ebenfalls anwesend sein wird.

Der Eintritt ist frei, im Anschluss findet ein kleiner Umtrunk statt.

 

Weitere Informationen zu Band 4 der Wittenberg-Forschungen erhalten Sie hier.

 

Replik auf Monika Lückes "Werkstattbericht" im Jahrbuch der Historischen Kommission Sachsen Anhalts 2017

Zwei Jahre nach dem großen Lucas-Cranach-Jahr 2015 mit einer Fülle hochkarätiger Fachtagungen und Ausstellungen bittet Monika Lücke im aktuellen Band 29 des Jahrbuchs der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt um Aufmerksamkeit für ihren Beitrag „Das Ernestinische Wittenberg“. Anmerkungen zur Veröffentlichung des dritten Bandes (S. 293-306). Die Forscherin kommentiert hier im falschen Gewand der Rubrik „Werkstattberichte“ ausschließlich die Beiträge von drei Autoren des von Heiner Lück, Enno Bünz, Leonhard Helten, Armin Kohnle, Dorothée Sack und Hans-Georg Stephan, den Leitern des Projektes Ernestinisches Wittenberg, herausgegebenen 3. Bandes der Wittenberg-Forschungen, erschienen 2015. Die Textsorte ist kein Werkstattbericht, sondern eine kleinteilige selektive Rezension und im Grunde eine fundamentale Kritik an dem gesamten Forschungsprojekt der Siftung LEUCOREA. Sicher ist das renommierte Jahrbuch der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt nicht der Ort, persönliche Vorbehalte zu Markte zu tragen. Wir beschränken uns nachfolgend auf einige Richtigstellungen.

Vorab: Viele der in den Wittenberg-Forschungen vorgestellten Ergebnisse sind Bruchstücke aus dem Quellenbergwerk, Denkansätze und Vorschläge, die natürlich der Diskussion, Verfeinerung und im Einzelfall der Korrektur bedürfen. Bisher hat das 2009 begonnene Forschungsprojekt seine Ergebnisse möglichst schnell und unkompliziert zur fairen Diskussion zur Verfügung gestellt, siehe diese Internetseite (Publikationen, Mitarbeiter). Dabei wurde selbstverständlich der Forschungsstand reflektiert und zitiert.

Frau Lücke kündigt seit vielen Jahren eine umfängliche Quellenedition an und hat seit 1994 bereits fünf Aufsätze zu Cranach vorgelegt. Auch in ihrem Werkstattbericht wird deutlich, dass sie einen monografischen Ansatz verfolgt. Das Forschungsprojekt Ernestinisches Wittenberg ist kein „Cranachprojekt“, sondern befasst sich mit der Vernetzung von Hof, Kirche, Stadt und Universität im Wittenberg des 16. Jhs. Der bedeutendste Hofmaler, Verleger und reichste Bürger der Stadt kann dabei nicht außer Acht gelassen werden. Vielmehr eignet sich der Franke Cranach als Exempel für die Chancen, die sich mit der Errichtung von Schloss und Universität Wittenberg für fremde hofnahe Eliten ergaben.

Seit Dekaden wird in der kunsthistorischen Forschung darum gerungen, die Namen der Mitarbeiter der Cranachwerkstatt zu identifizieren (vgl. zur Literatur Wittenberg-Forschungen 3, S. 44 f). Mit dem Fokus auf den Aufenthalt Cranachs im Wittenberger Schloss schien es im besprochenen Band gerechtfertigt, die ersten Mitarbeiter unter den bis zu 10 für Cranach im Schloss tätigen Malern zu identifizieren. Für spätere Zeiträume ist dies bereits erfolgt, wie im Band auch angemerkt und in den Ergebnissen zitiert. Der einzige Kommentar der Rezensentin zu dieser Identifikationsarbeit besteht in einem: "Warum die Identifizierung von Werkstattmitarbeitern bereits 1520 endet, ist nicht ersichtlich". Bei einem solchen Bewertungsmaßstab dürften freilich die allermeisten Arbeiten der Forschung, die in den letzten Dekaden Cranach gewidmet waren, als ungenügend gelten...

Ein weiteres Beispiel bietet die von der Rezensentin angeführte Bestallungsakte für Lucas Cranach vom 2. November 1552 (Transkription der Rezensentin laut CDA von 2016, unser Band erschien 2015). Sicherlich wäre es für die Rezensentin bei ihren Editionen bzw. Nachrecherchen leicht zu ermitteln gewesen, dass die Akte zum Zeitpunkt der Arbeit am Wittenberg-Forschungsband nicht zur Verfügung stand. Die Akte war nach Mitteilung die Archivleiterin Dr. Dagmar Blaha zur Bearbeitung für eine Ausstellung entnommen, was die Archivmitarbeiter lediglich als „Akte nicht auffindbar/ nicht am Ort" auf den Bestellschein notierten und die Vff. entsprechend übernahmen. Dass die Rezensentin dies nun als "Schwäche" des Kolloquiumbandes hochspielt, wirft ein bezeichnendes Licht auf ihre Intentionen.

Weiterhin ist in der Bestallungsakte von 1552 das entscheidende Wort ein "daruber". Dieses darüber bezieht sich auf einen Beschied bzw. eine Verschreibung auf Lebenszeit in Form eines Schriftstücks. Eine solche besaß Cranach vor 1552 laut Aussage der Akte nicht. D. h. unserer Einschätzung nach aber nicht, dass Cranach über keinerlei Verschreibungsbrief verfügte, denn meist gingen Verschreibungen auf Lebenszeit Anstellungen für einige Jahre oder bis auf Widerruf voraus. Dass Cranach bis 1532 auf Widerruf/Abkündigung bestallt war, haben die Verfasser angemerkt, 1534 änderte ein Schreiber dies in „auf lebenslang“ (Wittenberg-Forschungen 3, S. 15).

Unseres Erachtens kann man zahlreiche Indizien für die Existenz einer zeitlich beschränkten Verschreibung ab 1505 finden. Die Vff. haben sich daher bemüht, Indizien zu sammeln, die auch bei Fehlen eines Bestallungs-/Verschreibungsbriefes – das Original trug der Inhaber bis zur Hinfälligkeit des Bescheids bei sich – eine Bestallung bzw. Verschreibung belegen. So spricht es für die Praxis bei der Auszahlung von Quartalsgeldern, dass der Kammerschreiber den Torgauer Schützenmeister Hans Rau ermahnte, dass er "hinforder mehr bescheits und scheins dan 1 bloßete zettelh mitbring(en) solh, uber 8 fl zu quattemmer zeitt(en)" (ThHStAW, EGA, Kopialbuch F 16, fol. 57v). Man hatte also die Verschreibung vorzulegen, um Gelder zu empfangen.
Die Autoren haben u. a. in der Forschung überlesene Quartalsgeldzahlungen an Lucas Cranach für 1512 nachgewiesen (Wittenberg-Forschungen S. 16, 214, Nr. 122), was der Rezensentin entgangen sein muss. Inzwischen haben die Vff. weitere Quartalsgeldbelege für den Zeitraum 1519/20 auffinden können. Dass ein Maler, der Hofgewand und Quartalsgeld sowie Stücklohn, Holz und Farbe für Gemälde vom Hof erhielt, der regelmäßig in den Ämtern und am Hoflager versorgt worden ist und mit dem Lager umherzog, der sogar in mehreren Schlössern (Coburg, Lochau, Wittenberg, Weimar) Malerstuben bewohnte und seine Holzschnitte mit den Wappen der Kurfürsten von Sachsen schmückte, auf gar keinen Fall ein Hofmaler sein kann, wie die Rezensentin konstatiert, leuchtet wiederum den Vff. nicht ein.

Wer hier meint, dass es sich bei den gesammelten Belegen um Einzelfälle handelt, hat die allgemeine Überlieferungslage nicht genügend im Blick. Zwischen 1506 und 1525 existieren nicht nur keine Kammerrechnungs-Einträge zu Cranach, es haben sich überhaupt keine Kammerrechnungsserien des Hofes Kurfürst Friedrichs III. von Sachsen erhalten. Die von der älteren Forschung konsultierten Kammerrechnungen "des Hofes" ab 1513 sind als jene Herzog Johanns anzusehen, der seit der Mutschierung von 1513 über einen eigenen Hof und eine eigene Kammer verfügte (Wittenberg-Forschungen S. 17).
Dies alles ist recht aufwendig mit einem Vergleich der Kammerrechnungen mit den Ausgabelisten der Hofschneiderei zu ermitteln, wie im Band deutlich gemacht. Vgl. z. B. für 1514 Kammerrechnung Hzg. Johanns (ThHStAW, EGA, Reg. Bb 4241) mit Hofkleidungsausgabeliste Hzg. Johanns (ThHStAW, EGA, Reg. Bb 5930) und Ausgabeliste Kf. Friedrichs (ThHStAW, EGA, Reg. Bb 5929, ab fol. 53v-82r).

Zugleich haben die Vff. weitere Belege und Vergleichsbeispiele für die lückenhafte Überlieferung von Bestallungsakten der Zeit um 1500 zusammengestellt. So sollte man bedenken, dass über Jahre in der Forschung die Bestallungsbelege Cranachs ab 1532 als eigentlicher Beginn der bestallten Tätigkeit Cranachs für den Hof galten, bis Werner Hambrecht in Coburg weitere Rechnungsbücher und mit diesen entsprechende Belege ab 1525 ausmachen konnte (Wittenberg-Forschungen 3, S. 12, 15).
Nun wäre es gerechtfertigt gewesen, das Für und Wider der Interpretationen der Vff. zu diskutieren, anstatt deren mehrseitige Ausführungen mit einem Satz abzufertigen, ohne weiter auf die geschilderte Beleg- und Überlieferungslage einzugehen.

Die Abrechnung „Lucas Malers“ mit dem Wittenberger Rat von 1550 wurde herangezogen, weil sie sich sehr wahrscheinlich auf das 1548 in der Stadtpfarrkirche aufgestellte Retabel bezieht (Wittenberg-Forschungen, Bd. 3, S. 417-20). Die abgerechnete Summe von über 310 Gulden ergibt zusammen mit der Anzahlung aus dem Gemeinen Kasten eine plausible Gesamtsumme für den sog. Reformationsaltar. In der Rechnung ist der Vertragsgegenstand nicht benannt, weil er den Vertragspartnern bekannt war. Aus heutiger Sicht erscheint der Zusammenhang zum Retabel naheliegend, da die im Verhältnis zu anderen

Entschädigungen für Ratsangehörige außergewöhnlich hohe Summe nicht anders erklärt werden kann. Außerdem ergibt sich daraus zumindest ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Rat das Werk beauftragte, sich also ähnlich verhielt wie z. B. der Rat von Neustadt an der Orla (vgl. den Aufsatz von Krünes im Bd. 3 der Wittenberg-Forschungen). Zugleich wird deutlich, wie flexibel die Geschäftspolitik der Cranachs sein konnte, sollten die Kosten des Retabels doch offenbar über Jahre mit den an den Rat zu zahlenden Steuern verrechnet, also abgeschrieben werden. Diese Verrechnungspraxis ist alles andere als ungewöhnlich und taucht sowohl im städtischen, wie auch landesherrlichen Rechnungswesen immer wieder auf, um Zahlungen zu strecken und so aktuelle finanzielle Beschränkungen zu überwinden. Für diese Überlegungen ist es letztlich nicht einmal entscheidend, wer die Abrechnung mit dem Rat vorgenommen hat, Cranach der Ältere oder der Jüngere. Abgesehen davon erschließt sich nicht, wieso Cranach d. Ä., nachdem er nach Weimar gegangen war, keine Kontakte mehr nach Wittenberg unterhalten haben sollte. Vielmehr waren Vater und Sohn darauf bedacht, die Werkstatt in Wittenberg nach dem Übergang der Kurwürde an die Albertiner arbeitsfähig und die „Marke Cranach“ am Leben zu erhalten.

Monika Lückes Kritik gilt besonders den Beiträgen von Insa Christiane Hennen, die anhand der Schoßregister in den städtischen Kämmereirechnungen, der ab 1556 separat geführten Schoßbücher und der Stadtkarten aus dem 17. und 18. Jahrhundert den Rundgang der Schoßeintreiber rekonstruieren konnte und damit die genaue Lage fast aller Häuser in der heutigen Altstadt, nicht nur die Lage der innerstädtischen Cranach-Immobilien. Das wiederum recht aufwendige Verfahren wurde u. a. anlässlich der Tagung „Mitteldeutschland im Zeitalter der Reformation“ (2012) beschrieben und 2014 publiziert. Monika Lücke hatte in den 1990er Jahren in den Kämmereirechnungen und den Schoßbüchern primär nach „Cranach“ gesucht, so dass es ihr nicht möglich war, die genaue Lage der Cranach-Häuser zu benennen (Lücke 1998, S. 14-23). Dafür ist es nötig, auch die Schoßbeträge zu erfassen, die für die einzelnen Hausstellen zu zahlen waren. Diese Beträge wurden 1490 festgeschrieben und bleiben sehr lange konstant. Im Hauptschoßbuch 1644 sind die Parzellennummern enthalten, die auch in den Stadtkarten eingetragen sind. Der Algorithmus der Schoßbeträge bildet den Umgang der Schoßeintreiber ab. Diese Abfolge der Einträge lässt sich mit den heutigen Adressen in Übereinstimmung bringen, da sich das Kataster in der Altstadt kaum verändert hat. Für die Hausstellen Marktviertel 1 (Markt 6) bis Marktviertel 6 (Markt 1), das sind die Häuser auf der Südseite des Marktplatzes, ergibt sich beispielsweise folgende Abfolge: 1 Schock 30 Groschen (Marktviertel 1) – 54 Groschen (Marktviertel 2) – 1 Schock 40 Groschen (Marktviertel 3) – 1 Schock 12 Groschen (Marktviertel 4) – 40 Groschen (Marktviertel 5) – 1 Schock 10 Groschen (Marktviertel 6). Zum Cranachhof Schloßstraße 1 (Coswiger Viertel 1) gehört der Betrag von jährlich 2 Schock Groschen. Markt 4 und Markt 5 gehörten ebenfalls zeitweilig den Cranachs.

Erst wenn die Hausstellen lokalisiert sind, ist es sinnvoll, nach weiteren Dokumenten, etwa Kaufverträgen, zu suchen, sonst weiß man lediglich, dass ein Haus verkauft wurde, jedoch nicht welches. Wenn ein Besitzer über viele Jahre 54 Groschen bezahlt und dann wiederum über Jahre den für das Nachbarhaus fälligen Betrag von 1 Schock 40 Groschen, dann ist dies ein deutlicher Hinweis auf einen Besitzerwechsel resp. Häusertausch, auch wenn kein Vertrag überliefert ist oder bislang gefunden wurde. Wenn sich dann zufällig, hier in einer Rechnung des Gemeinen Kastens, ein weiterer Hinweis ergibt, wird es schwierig, schlagende Gegenargumente zu finden (vgl. Wittenberg-Forschungen, Bd. 3, S. 317f.).

Frau Lückes Identifikation der Cranachhäuser hat zu dem falschen Schluss geführt, Cranach d. Ä. habe 1511/12 Markt 3 und Markt 4 erworben und nicht Markt 4 und Markt 5. Diese Frage wäre wahrscheinlich von untergeordnetem Interesse für ein paar Spezialisten, wenn der Irrtum nicht zur Missachtung des Hauses Markt 5 geführt hätte und damit zum Verlust dessen wertvoller Innenausstattung, die in den 1990er Jahren der Spitzhacke zum Opfer fiel.

Frau Lücke beklagt, dass in Band 3 der Wittenberg-Forschungen lediglich Zwischenergebnisse vorgelegt würden und dass die „Cranach-Forschung“ nicht zusammenarbeite. Ob ihr Werkstattbericht eine kollegiale Zusammenarbeit befördert, sei dahingestellt. Die Manuskripte zu Band 3 der Wittenberg-Forschungen wurden seitens der Verfasser übrigens bereits 2014, vor Erstellung der Druckfahnen, an die Stiftung Luthergedenkstätten übergeben, um die Ergebnisse für die Cranach-Landesausstellung nutzbar zu machen. Frau Lückes Ehemann war damals im Auftrag der Stiftung Luthergedenkstätten auf Honorarbasis tätig und prüfte sämtliche durch die Verff. eingesehene Archivalien nach.

Insa Christiane Hennen, Thomas Lang, Anke Neugebauer, April 2017

Sommerschule 2017

Die Stiftung LEUCOREA Wittenberg richtete in Zusammenarbeit mit dem Forschungsprojekt Ernestinisches Wittenberg und der Stiftung für Deutsche Sprache und Kultur eine Sommerschule mit den Prime-Gymnasien der Martin Luther Universität Halle-Wittenberg (CJD Christophorusschule Droyßig, Dr.-Carl-Hermann-Gymnasium Schönebeck (Elbe)) aus.

Vom 24. bis 29. Mai 2017 erhielten die Schüler einen Einblick in das historische Wittenberg und die Arbeit in verschiedenen historischen Disziplinen. Hier im Foto die Schüler bei der Bauforschung in der Sommerschule 2013.