Das mit (voraussichtlich) ca. 2,9 Millionen Euro geförderte und auf 12 Jahre (bis 2029) angelegte DFG-Langfristvorhaben wurde Univ.-Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke (Trier) zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Peter Burschel (Wolfenbüttel) bewilligt. Das Projekt ist in vier Förderphasen unterteilt, die jeweils positiv evaluiert sein müssen, bevor eine Fortsetzung genehmigt wird.
Die Projektidee hatte Prof. Tacke auf Initiative und in Zusammenarbeit mit dem Braunschweiger Hainhofer-Spezialisten Dr. Michael Wenzel entwickelt und für einen Antrag bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgearbeitet; Dr. Wenzel hat nun auch von Wolfenbüttel aus die interne Leitung und Koordination des Forschungsprojektes inne.
An zwei Orten – in Wolfenbüttel und der Lutherstadt Wittenberg – wird bis 2029 im Rahmen des von der DFG geförderten Gemeinschaftsprojektes zu dem Augsburger Philipp Hainhofer geforscht. Dieser kann mit Fug und Recht als die bedeutendste Vermittler-Persönlichkeit für Kunst sowie politische und kulturelle Information in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts nördlich der Alpen tituliert werden. Als ›cultural broker‹ des 17. Jahrhunderts überschritt er beständig konfessionelle, politische und ständische Grenzen. Zwischen seinen geschäftlichen, diplomatisch-politischen und gelehrten Korrespondenzen, seinen für höfische Rezipienten konzipierten Reise- und Kunstbeschreibungen, seinen komplexen Kunstkammerschränken und seinem Handel mit Kunstwerken, anderen Luxusgütern, Büchern und Handschriften bestanden vielfältige Austauschprozesse, die Inhalt und Struktur des jeweiligen Handlungsfeldes konturierten. Auf diese Weise schuf Hainhofer geordnete Mikrokosmen als Antwort auf eine auseinanderdriftende konfessionelle und politische Welt am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges.
Die genannten zahlreichen Arbeitsfelder Hainhofers konvergieren in seinen Reiserelationen. Sie bilden, neben den Briefen, den Kern seines schriftlichen Nachlasses und einen enormen Fundus für die kunsthistorische und historische Frühneuzeitforschung sowie für benachbarte Disziplinen, und dies mit vielfältigen Facetten wie der Erforschung von Residenzen und Sammlungen, Hof-, Adels- und Zeremonialkultur, Reise- und Kunstliteratur, kulturellem Austausch und materieller Kultur, Diplomatie- und Politikgeschichte sowie von Reisebeschreibung als Selbstzeugnis u.a.
Mit dem in Wolfenbüttel (Herzog August Bibliothek / HAB) und der Lutherstadt Wittenberg (Stiftung LEUCOREA) bearbeiteten Projekt sollen die Reiserelationen Hainhofers erstmals als eine kommentierte, digitale Edition vollständig herausgegeben werden. Geplant ist eine moderne und wissenschaftlich anspruchsvolle Präsentation mit Wiedergabe der Originalseiten, Volltext, umfangreichen kritischen Apparaten und Sachkommentaren in Text und Bild sowie kartographischen Beigaben.
Projektbeteiligte:
wiss. Leitung: Univ.-Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke
wiss. Mitarbeiterinnen: Anja Ottilie Ilg M.A.; Dr. Ursula Timann
administrative Leitung: Dr. Marianne Schröter
administrative Mitarbeiterin: Diana Pielorz
Wissenschaftlicher Beirat des DFG-Langfristvorhabens:
Prof. Dr. Wolfgang Augustyn (Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München)
Prof. Thomas DaCosta Kaufmann, Ph.D. (Princeton University)
Dr. Marika Keblusek (Universiteit Leiden)
Prof. Dr. Ulinka Rublack (University of Cambridge)
Prof. Dr. Kim Siebenhüner (Universität Bern)
Philipp-Hainhofer-Kolloquien an der Schwabenakademie Irsee: Bis 2029 jährlich (jeweils im Frühjahr) veranstaltet von Univ.-Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke und Dr. Markwart Herzog in Kooperation mit Dr. Michael Wenzel und Dr. Sylvia Heudecker sowie in Zusammenarbeit mit (wechselnd) einem / einer GastwissenschaftlerIn; gefördert von der DFG, dem Bezirk Schwaben und der Trierer Arbeitsstelle für Künstlersozialgeschichte / TAK. Die Schwabenakademie Irsee hat seit 1983 ihren Sitz im Schwäbischen Tagungs- und Bildungszentrum Kloster Irsee (Freistaat Bayern). Die Tagungsergebnisse werden in der Reihe „Hainhoferiana. Studien zur Kunst- und Kulturgeschichte Schwabens und Europas“ beim Michael Imhof Verlag (Petersberg) jährlich publiziert.
Gemälde von Anton Mozart (1572–1625) mit der Darstellung einer fiktiven Übergabe des Pommerschen Kunstschrankes in Augsburg durch Philipp Hainhofer (1578–1647) und die beteiligten Augsburger Künstler an den seit 1606 regierenden Herzog Philipp II. von Pommern-Stettin (1573–1618) und seine Gemahlin Sophia, geb. Herzogin von Schleswig-Holstein-Sonderburg (1579–1658) / Gemälde, um 1615; Öl auf Holz, 39,5 x 45,4 cm / Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz (© bpk / Kunstgewerbemuseum, SMB / Saturia Linke)
Arbeitsstelle Philipp Hainhofer an der Stiftung LEUCOREA
wissenschaftliche Leitung:
Univ.-Prof. Dr. Dr. Andreas Tacke
tacke.andreas@t-online.de