Die Mundartlandschaft in Sachsen-Anhalt ist sehr vielfältig. Während im Nordteil niederdeutsche (plattdeutsche) Mundarten verwendet werden, spricht man im Gebiet südlich davon Ostmitteldeutsch. Beide großen Dialektgruppen sind in sich wiederum nicht einheitlich. Diese Vielfalt spiegelt sich in den Artikeln des Mittelelbischen Wörterbuchs.
Das Mittelelbische Wörterbuch gehört zu den großlandschaftlichen Dialektwörterbüchern. Durch diesen Wörterbuchtyp werden flächendeckend die Dialekte des gesamten deutschen Sprachraums erfasst. Aufgabe des Mittelelbischen Wörterbuch ist es, den Mundartwortschatz des nördlichen (niederdeutschen) und mittleren (mitteldeutschen) Teiles Sachsen-Anhalts semasiologisch und lautlich zu dokumentieren – vornehmlich im Hinblick auf seine sprachgeographische Struktur, wenn möglich auch im Hinblick auf seine soziologische Schichtung und auf seine stilistische Funktion. Die Materialgrundlage bilden in erster Linie Fragebogen. Eingeflossen sind zudem Belege aus Idiotika, Wörterbüchern und Grammatiken einzelner Orte oder Landschaften, Beiträge verschiedener Art zu vielfältigen Aspekten, die Mundarten, aber auch Brauch und Volksglaube betreffend, mundartliche Literatur, archivalische Quellen sowie private Sammlungen, so dass das Archiv ca. 250000 Zettel mit über 1 Million Belegformen umfasst.
Gegründet wurde die Unternehmung 1935 durch Karl Bischoff, der die Grundlagen u.a. durch den Aufbau des Zettelarchivs legte. Nach seiner durch politische Repressionen erzwungenen Flucht aus der DDR 1958 geriet das Material unter Verschluss, so dass eine Weiterarbeit nicht möglich war. Erst 1992 wurde eine entsprechende Arbeitsstelle neu eingerichtet. Unter der Leitung von Gerhard Kettmann (bis zu seinem Tod 2009) und Hans-Joachim Solms (Projekt- und seit 2009 Arbeitsstellenleiter) wurden die Bände A-G und H-O erarbeitet. Diese sind inzwischen in einer Online-Version (https://mew.uzi.uni-halle.de/) allgemein zugänglich. Vom abschließenden dritten Band liegen bisher die Artikel der Alphabetstrecke P-Tubbe(n) vor.
Ein Wörterbuchartikel beschränkt sich nicht nur darauf, das Stichwort, die grammatische Angabe und die Bedeutung(en) eines Wortes mitzuteilen, sondern gibt auch die Verbreitung innerhalb des Bearbeitungsgebiets an. Das ist notwendig, weil aufgrund der Heterogenität der Mundartlandschaft viele Wörter nur regional beschränkt auftreten. Der Gebrauch eines Wortes wird anhand von Beispielsätzen, Redensarten, Sprichwörtern, Reimen oder Rätseln illustriert. Daneben werden Bräuche und Vorstellungen, die sich an eine Benennung knüpfen, dargestellt. Somit erhält das Mittelelbische Wörterbuch den Charakter eines kulturhistorischen Kompendiums.
Bei ausgewählten Wörterbuchartikeln (in so genannten Zentralartikeln) werden alle im Gebiet auftretenden Benennungen für eine Sache aufgezählt und z.T. deren Lagerung im Raum auf Karten verdeutlicht (s. Beispielartikel Bärme).
Den Abschluss bildet ein graphisch abgesetzter Abschnitt, in dem die Lautformen und deren regionale Zugehörigkeit sowie in Einzelfällen etymologische Erläuterungen dargeboten werden.
Leiter der Forschungsstelle:
Prof. Dr. Hans-Joachim Solms
hans-joachim.solms@germanistik.uni-halle.de
Wiss. Mitarbeiter:
Dr. Ulrich Wenner
ulrich.wenner@leucorea.uni-halle.de
Kontakt:
Collegienstr. 62
06886 Lutherstadt Wittenberg
Telefon: 03491 466226