Reformation, Protestantismus und die Geschlechterfrage
Gisela Mettele und Siegrid Westphal
Mittwoch, 9. August 2017, Leucorea, Seminarraum 1
14.30–15.15 Uhr Christian V. Witt: Luthers Reformation der Ehe. Theologische Gestalt und kulturelle Wirkung
15.30–16.15 Uhr Christopher König: Inszenierte Männlichkeit. Maskulinität und männliche Rollenbilder in den Reformationsdramen
16.30–17.15 Uhr Benedikt Brunner: Die Neuformulierung des Leib-Seele-Verhältnisses in der Reformationszeit und ihre Auswirkungen auf Körperbewusstsein, Sexualität und Ehe
17.30–18.15 Uhr Julia Schmidt-Funke: »Appetitus ad mulierem est creatio Dei«. Zum Problem der Keuschheit im Protestantismus
Donnerstag, 10. August 2017, Leucorea, Seminarraum 1
14.30–15.15 Uhr Wolfgang Breul: Die Ehe im frühneuzeitlichen Protestantismus. Von der Bejahung der Leiblichkeit zu ihrer Krise
15.30–16.15 Uhr Katherine Faull: Speaking to Body and Soul. Moravian Pastoral Care in the 18th Century
16.30–17.15 Uhr Susanne Hennecke: Equality and / or Difference? Reception of Reformation in the Context of Early Women Movements
17.30–18.15 Uhr Gerhard Schreiber: ›Semper reformandum‹? Geschlechtliche Vielfalt als Herausforderung und Chance für den Protestantismus
Die Frauen- und Geschlechtergeschichte hat bereits zahlreiche Aspekte der unmittelbaren Reformationszeit aufgegriffen und thematisiert, aber bisher weniger nach den langfristigen Folgen und Wirkungen bis in die Gegenwart gefragt. Dies soll in der vorliegenden Sektion mit Hilfe von zwei Schwerpunkten geschehen. Zum einen soll die Frage der Neuformierung der Ehe und deren Folgen, zum anderen die weiterwirkende Bedeutung der reformatorischen Lehre vom ›Priestertum aller Gläubigen‹ in den Fokus gerückt werden.
Die Neuformierung der Ehe
In Folge der Reformation entwickelte sich keine geschlossene Ehelehre, vielmehr wurden zahlreiche Einzelaspekte in Reaktion auf konkrete Problemlagen thematisiert, die von eherechtlichen Fragen über die Gestaltung des Verhältnisses von Mann und Frau in der Ehe bis zum theologischen und gesellschaftlichen Stellenwert einer Ehe reichten. Am nachhaltigsten war dabei sicherlich die Bestreitung des sakramentalen Charakters der Ehe, wodurch die Scheidung mit der Möglichkeit zur Wiederheirat eingeräumt wurde. Dies trug auch erheblich zur Binnendifferenzierung der Konfessionen bei. Im Rahmen der Sektion soll danach gefragt werden, welche Wirkungen diese durchaus ambivalenten Aspekte zur Formierung der Ehe langfristig entfalteten. Im Mittelpunkt stehen dabei die Entwicklung der protestantischen Ehelehre und des protestantischen Eherechts, die Frage nach der Pluralisierung der Paarbeziehungen als Folge der Neuformierung der Ehe seit der Reformationszeit und das innereheliche Verhältnis von Mann und Frau zwischen Unterordnungsgebot und Gleichberechtigung.
Gleichheit und Partizipation
Die reformatorische Vorstellung eines Priestertums aller Gläubigen warf und wirft grundsätzliche Fragen nach Gleichheit und Partizipation auf, deren bis in die kulturellen Praktiken von Gesellschaft und Alltag hineinreichende Wirkungsgeschichte in der Sektion aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive verfolgt werden soll. Diese lässt sich etwa in der Geschichte des Pietismus, in verschiedenen weltweiten Emanzipationsbewegungen oder in den Diskussionen um Frauenordination zeigen, aber auch im Umgang mit verschiedensten Medien oder in der Frömmigkeitskultur. Die Sektion öffnet sich hier für ein weites thematisches Spektrum.
Stand: 8.6.2017